„Es stimmt: Das fiese Spiel ist aus, das bizarre Theater vorüber. Zumindest vorausgesetzt, die Bundesregierung hebelt nicht noch die letzten demokratischen Prinzipien auf europäischer Ebene aus und widersetzt sich dem seit zwanzig Jahren gültigen Kodex der Venedig-Gesetzgebungskommission. Dann sind CDU/CSU und SPD mit ihrem Plan zur Wiedereinführung einer Sperrklausel auf EU-Ebene und ihrem verbissen peinlichen Machtkampf um sieben Sitze gescheitert. Ein kleiner Schritt für uns kleine Parteien – aber ein großer Schritt für die Demokratie: Nur so verhindern wir, dass mehr als 2 Millionen Stimmen bei der nächsten Europawahl ins Leere laufen. Zudem wird das Ergebnis der Leistung gerecht, die zumindest sechs von sieben deutschen Einzelabgeordneten, fünf davon in Fraktionen, bewiesen haben – teils auf Spitzenplätzen des parlamentarischen Aktivitätsindex.

Ich persönlich habe in den vergangenen Wochen viel koordiniert, viel telefoniert, für unsere Interessen geworben – und bin heute froh zu sehen, dass man sich auch in der Politik noch aufs Wort verlassen kann. Ich bin froh, dass wir deutsche Kleinparteien in den Kollegen der belgischen N-VA, der italienischen 5stellae und den britischen Tories (sie hatten das Verfahren des „schriftlichen Beschlusses“ zuletzt blockiert, nachdem dort bis Freitag noch kein notwendiger Beschluss des Unterhauses vorgelegen hatte) durchaus interessante, auf alle Fälle aber verlässliche Partner gefunden haben, um das sonderbare Vorgehen der Bundesregierung im Rat auszubremsen. Ich würde sagen: Gemeinsam haben wir dieses parteitaktische Schmierentheater auf europäischer Bühne beendet.

Bis zuletzt hatte die deutsche Delegation nach meinen Informationen intensiven Druck auf blockierende Länder im Rat ausgeübt – alles nur, um ein Europawahlrecht durchzudrücken, das nichts anderes war als eine deutsche EU-Sperrklausel mit rot-schwarzer Schleife. Dieses Spiel ist jetzt vorbei. Demokratie hat offensichtlich über parteitaktische Spielchen gesiegt.

Sollte eine verspätete Abstimmung im Rat und ein Inkrafttreten der irrsinnigen Sperrklausel zur Europawahl 2024 gelingen, sehe ich dem gelassen entgegen: Wir FREIE WÄHLER werden – im engen Verbund mit anderen demokratischen Kleinparteien – dagegen klagen. Und haben dafür fünf Jahre Zeit.“

Arne Gericke MdEP
Europaabgeordneter der Freien Wähler